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In 4 Schritten zum nachhaltigen Einkauf

Die Rolle des Einkaufs für eine klimafreundliche Wirtschaft wird oft unterschätzt. In der Beschaffung und deren Lieferketten schlummern je nach Branchen bis zu 90 Prozent der CO2-Emissionen. Um diese zu reduzieren, ist eine klare Klimaschutzstrategie und eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten notwendig. Die Betrachtung des gesamten Beschaffungsprozesses hilft, geeignete Maßnahmen und Indikatoren zu identifizieren und effektiv umzusetzen.

Titelbild Blogartikel - In 4 Schritten zum nachhaltigen Einkauf

Viele Unternehmen, die sich mit dem Klimaschutz befassen und die eigenen CO2-Emissionen bilanzieren, wissen, dass die sogenannten Scope-3-Emissionen oft schwierig zu erfassen sind. Besonders in der Lieferkette verstecken sich viele indirekte Emissionen deren Minderungspotenziale schwer identifizierbar sind.

Scopes verstehen
Die Begriffe Scope 1, 2 und 3 sagen Ihnen noch nichts? Sie möchten mehr zur Einteilung der Emissionen, die ein Unternehmen haben kann, wissen? Dann lesen Sie in unserem Blogartikel Betriebliche CO2-Bilanz – Scopes leicht erklärt.

Scope 3-Emissionen umfassen alle indirekten Emissionen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen. Dazu gehören beispielsweise die Rohstoffgewinnung, der Transport, die Nutzung der verkauften Produkte und deren Entsorgung am Lebensende. Diese Emissionen sind oft schwer zu kontrollieren und zu reduzieren, da sie außerhalb des direkten Einflussbereichs eines Unternehmens liegen. Doch gerade hier liegt ein enormes Potenzial zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks.

Indem Unternehmen ihre Lieferketten auf Nachhaltigkeit ausrichten, können sie nicht nur ihre eigenen Klimaziele erreichen, sondern auch einen Beitrag zur globalen Emissionsminderung leisten. Dies erfordert jedoch ein Umdenken in der Beschaffung: von der Auswahl umweltfreundlicher Materialien über die Zusammenarbeit mit nachhaltigen Lieferanten bis hin zur Implementierung innovativer Technologien und Prozesse.

Erfahren Sie, wie Sie in vier Schritten nachhaltige Beschaffungsprozesse aufbauen, um Ihre Scope 3-Emissionen zu senken. Lassen Sie sich inspirieren, welche Maßnahmen dabei besonders wirksam sind. Wichtig ist dabei eine ganzheitliche Betrachtung der Lieferkette, denn nur so kann ein gelungener Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft erreicht werden.

Die vier Schritte zum nachhaltigen Einkauf

1. Schaffen Sie sich eine Basis

Bevor Sie beginnen wichtige Gespräche mit Ihren Lieferanten zu führen, um die Emissionen Ihrer Einkäufe aktiv zu reduzieren, sollten Sie das Thema intern besprechen und die Unterstützung der Führungsebene einholen. Ohne die aktive und sichtbare Unterstützung dieser wird es schwierig sein, nachhaltige Beschaffungsstrategien effektiv umzusetzen. Die Führungsebene sollte nicht nur die Notwendigkeit und die Vorteile nachhaltiger Beschaffung erkennen, sondern auch bereit sein, entsprechende Ressourcen bereitzustellen und das Thema als Priorität zu kommunizieren. Selbst wenn Sie keine konkreten Zahlen für Ihre aus dem Einkauf stammenden Emissionen haben, zeigen Sie auf, an welcher Stelle Sie die höchsten Emissionen vermuten und erklären Sie, weshalb sich bei den meisten Unternehmen der Großteil der Emissionen in der Lieferkette versteckt.

Als nächstes sollten Sie alle relevanten Stakeholder identifizieren. Externe Stakeholder sind zum Beispiel Lieferanten, Kunden und Investoren, denn diese haben ein Interesse an den Beschaffungsprozessen und deren Nachhaltigkeit und haben das Potenzial Veränderungen zu beeinflussen.

Richten Sie auch einen Blick auch auf Ihre internen Strukturen und legen Sie fest wer im Unternehmen in die nötigen Prozesse mit einbezogen werden muss. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:

  • Wer ist im Unternehmen für den Einkauf zuständig? Gibt es einen zentralisierten Prozess oder sind verschiedene Unternehmensbereiche für den Einkauf verschiedener Güter oder Standorte zuständig? Wo und wie werden Informationen zu eingekauften Gütern erfasst?

Kommen Sie mit relevanten Personen ins Gespräch, bilden Sie eine Arbeitsgruppe und bauen Sie gemeinsam ein Verständnis über die bestehenden Beschaffungsprozesse auf. Durch die Einbeziehung dieser Stakeholder kann ein umfassendes Verständnis der Erwartungen und Anforderungen geschaffen werden, was wiederum die Basis für effektive und nachhaltige Beschaffungsstrategien bildet.

Den Status-Quo erfassen
Die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse für die verschiedenen Warengruppen ist unerlässlich. Sie identifizieren dadurch die Bereiche , die den größten Einfluss auf  Ihre CO2-Emissionen haben. Diese Analyse hilft dabei, Ihre Warengruppen zu priorisieren und ermöglicht eine gezielte Entwicklung von Maßnahmen.

Ein weiter wichtiger Schritt für Ihre Basis ist die Definition von klaren und messbaren Zielen für die nachhaltige Beschaffung. Ein konkretes Ziel könnte beispielsweise die Halbierung der CO2-Emissionen in Scope 3 bis 2030 sein. Solche ambitionierten, aber realistischen Ziele geben dem Unternehmen eine klare Richtung vor und ermöglichen es Ihnen, Fortschritte zu messen und Erfolge zu kommunizieren. Diese Ziele sollten in die Gesamtstrategie des Unternehmens integriert und regelmäßig überprüft und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Anforderungen und Entwicklungen entsprechen.

Mehr zur Definition zu Klimazielen lesen Sie im Blogbeitrag Unternehmen berichten: Der Weg zu eigenen Klimazielen.

2. Bestehende Beschaffungsprozesse um nachhaltige Aspekte erweitern

Nachdem die Basis für eine nachhaltige Beschaffung geschaffen wurde, besteht der nächste große Schritt darin, die bestehenden Beschaffungsprozesse um nachhaltige Aspekte zu erweitern. Dies erfordert eine strategische und umfassende Anpassung der Beschaffungspraktiken.

Damit Sie klare Zahlen und Leitlinien für Gespräche mit relevanten Personen oder Unternehmen Ihrer Lieferkette haben und Kriterien für eine zukünftige Lieferantenauswahl, sollten Sie sich vorab genaue Gedanken machen. Im besten Falle, lassen Sie Ihre Überlegungen in eine nachhaltige Beschaffungsstrategie fließen. Diese Strategie sollte klar definieren, wie Nachhaltigkeitskriterien in den Beschaffungsprozess integriert werden sollen.

Dabei ist es wichtig, sowohl ökologische als auch soziale Aspekte zu berücksichtigen. Die Strategie sollte auf den bereits festgelegten Zielen basieren und konkrete Maßnahmen enthalten, die zur Erreichung dieser Ziele führen.

Um die nachhaltige Beschaffungsstrategie wirksam umzusetzen, ist zu empfehlen bestehende Richtlinien, Allgemeine Einkaufsbedingungen (AEBs) und Verträge entsprechend anzupassen. Dies umfasst die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in alle relevanten Dokumente. Diese Kriterien sollten klare Anforderungen an Umweltfreundlichkeit, soziale Verantwortung und ethische Geschäftspraktiken umfassen. Zum Beispiel können Anforderungen an die Umweltfreundlichkeit von Produkten, faire Arbeitsbedingungen bei Lieferanten oder Vorgaben zur Reduktion von CO2-Emissionen in neue Verträge aufgenommen werden. Diese Anpassungen stellen sicher, dass Nachhaltigkeit verbindlich in den Beschaffungsprozessen verankert wird und alle Partner in der Lieferkette die gleichen Standards einhalten. Eine transparente Bewertung ermöglicht es, die Leistung der Lieferanten objektiv zu beurteilen und Bereiche zu identifizieren, in denen Verbesserungen notwendig sind.

Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden durch Schulungen oder Workshops über diese Änderungen, um das Bewusstsein für nachhaltige Beschaffung zu schärfen und das notwendige Wissen zu vermitteln.

3. Aktive Einbindung Ihrer Lieferanten

Die erfolgreiche Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffungsstrategie erfordert die aktive Einbindung der gesamten Lieferkette. Lieferanten spielen eine zentrale Rolle, da sie maßgeblich zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele eines Unternehmens beitragen können.

Binden Sie Ihre Partner in den Veränderungsprozess aktiv mit ein. Durch regelmäßige Kommunikation und Zusammenarbeit können Sie sicherstellen, dass Ihre Nachhaltigkeitsanforderungen verstanden und umgesetzt werden. Dies kann durch Workshops, gemeinsame Projekte oder regelmäßige Meetings erfolgen, in denen Nachhaltigkeitsthemen im Mittelpunkt stehen. Kommunizieren Sie Ihre Nachhaltigkeitskriterien und die damit verbundenen Erwartungen.

Eine faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist unerlässlich, um die Nachhaltigkeitsleistung gemeinsam zu steigern. Gehen Sie das Thema partnerschaftlich an und bieten Sie Unterstützung bei der Umsetzung von nachhaltigen Praktiken an. Dies kann durch die Bereitstellung von Schulungen, technischen Hilfsmitteln oder finanziellen Anreizen geschehen. Nehmen Sie auch Hinweise und Tipps Ihrer Lieferanten wahr und motivieren Sie zu neuen Impulsen. Durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit können beide Seiten voneinander lernen und innovative Lösungen entwickeln, die zu einer nachhaltigeren Lieferkette führen.

Gehen Sie noch einen Schritt weiter und schauen Sie, inwiefern auch Vorlieferanten in diese Prozesse einbezogen werden können. Oftmals liegen die größten Herausforderungen und Potenziale zur Verbesserung nicht nur bei den direkten Lieferanten, sondern bei deren Zulieferern. Lieferketten sind komplex und weisen viele Abhängigkeiten vor.  Dies kann durch die Implementierung von Due-Diligence-Prozessen, Audits und die Förderung von Transparenz entlang der gesamten Lieferkette erfolgen.

Durch die aktive Einbindung der Lieferanten und die Umsetzung dieser Schritte können Sie sicherstellen, dass Ihre gesamte Lieferkette nachhaltiger wird. Dies führt nicht nur zu einer Reduktion der Umweltbelastung und Verbesserung der sozialen Standards, sondern stärkt auch die Beziehungen zu den Lieferanten und trägt zu einer langfristigen, nachhaltigen Geschäftsentwicklung bei.

4. Erfolgskontrolle und kontinuierliche Verbesserung des Beschaffungsprozesses

Die Einführung und Umsetzung nachhaltiger Beschaffungsstrategien und -prozesse erfordert eine sorgfältige Erfolgskontrolle, um sicherzustellen, dass die gesetzten Ziele erreicht und kontinuierlich verbessert werden.

Um die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen zu bewerten, sollten vorab festgelegte Indikatoren verwendet werden. Diese Indikatoren können quantitative und qualitative Kennzahlen umfassen, wie beispielsweise die Reduktion von CO2-Emissionen, die Anzahl der nachhaltigen Lieferanten oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Lieferkette. Durch regelmäßige Überprüfung dieser Indikatoren können Sie den Fortschritt Ihrer Nachhaltigkeitsmaßnahmen messen und sicherstellen, dass die gewünschten Effekte erzielt werden.

Transparenz ist ein wesentlicher Bestandteil der Erfolgskontrolle. Sie sollten regelmäßig über den Fortschritt Ihrer Nachhaltigkeitsmaßnahmen sowie über aufgetretene Herausforderungen berichten. Dies kann durch Nachhaltigkeitsberichte, Unternehmenswebseiten oder andere Kommunikationskanäle geschehen. Durch die transparente Darstellung der Erfolge und Hindernisse können Sie das Vertrauen Ihrer Stakeholder stärken und zeigen, dass das Unternehmen seine Verantwortung ernst nimmt. Offenheit über die Herausforderungen ermöglicht es zudem, konstruktives Feedback zu erhalten und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Ein dynamischer und effektiver Nachhaltigkeitsprozess erfordert die Bereitschaft, kontinuierlich zu lernen und sich zu verbessern. Wenn die Überprüfung der Indikatoren zeigt, dass bestimmte Maßnahmen nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, sollten sofortige Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden. Dies kann die Anpassung bestehender Strategien, die Einführung neuer Initiativen oder die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Lieferanten beinhalten. Darüber hinaus sollten die Ziele im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses stetig gesteigert werden.

Durch die systematische Erfolgskontrolle und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess können Sie sicherstellen, dass Ihre nachhaltigen Beschaffungsstrategien nicht nur implementiert werden, sondern auch effektiv und nachhaltig sind. Dieser Ansatz ermöglicht es, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren und die Nachhaltigkeitsleistung stetig zu optimieren. Letztendlich trägt dies dazu bei, eine nachhaltigere und verantwortungsvollere Lieferkette zu schaffen, die sowohl ökologischen als auch sozialen Anforderungen gerecht wird.

Ein Prozess im Wandel

Die Einführung eines nachhaltigen Beschaffungsprozesses kann ein komplexes Unterfangen sein. Doch zahlt sich der Aufwand meist schon nach wenigen Jahren aus. Machen Sie es sich leichter, indem Sie sich auf Bereiche konzentrieren, in denen Sie bereits Daten zur Verfügung haben und bauen Sie nach und nach weitere Strukturen zur besseren Erfassung relevanter Daten auf.

Fangen Sie heute an, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Denn zunehmende gesetzliche Verpflichtungen wie die CSRD-Berichtspflicht oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sorgen dafür, dass immer mehr Unternehmen aussagefähig zu ihren CO2-Emissionen sein und diese reduzieren müssen. Dies wird unter anderem dafür sorgen, dass genauere und besser aufbereitete Daten in Lieferketten vorhanden sein werden und die Kommunikation über Nachhaltigkeitsthemen zwischen Lieferanten und Unternehmenskunden stetig zunimmt.

Weitere Informationen

Annika Schwochow

Autorin

Annika Schwochow

BVMW | Förderprojekte | Projektmanagerin KliMaWirtschaft