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Unternehmen berichten: Erfassung von CO2-Emissionen im Homeoffice

Flexibilität und Effizienz im Arbeitsleben werden immer wichtiger. Die Arbeit im Homeoffice hat sich als eine bedeutende Alternative zum traditionellen Büroalltag herausgestellt. Doch während die Vorteile des Homeoffices und hybriden Arbeiten für viele Arbeitnehmende und Arbeitgebende offensichtlich sind, können anfallende CO2-Emissionen oft schwer erfasst werden. Erfahren Sie, wie das Unternehmen Freeyou Insurance AG dieses Thema effektiv angehen und welche Vorteile es bringt.

Die Arbeit im Homeoffice wurde in den letzten Jahren immer beliebter. Was für viele Menschen und Unternehmen in 2020 eine unerwartete Herausforderung darstellte, gehört heutzutage bei vielen Unternehmen zum Status Quo. Für Unternehmen, die Ihre Klimafreundlichkeit verbessern möchten und eine CO2-Bilanz (oder auch Treibhausgasbilanz) erstellen möchten, ist es wichtig, die damit verbundenen Veränderungen in der betrieblichen CO2-Bilanz zu berücksichtigen. Anders als Mitarbeitende, die im Büro arbeiten, haben Kolleg:innen, die komplett oder teilweise im Homeoffice arbeiten, keine einheitlichen Energieverbräuche: Sie nutzen unterschiedliche Heizsysteme, Monitore und andere elektronische Geräte. Einige beziehen Ökostrom oder setzen sogar auf erneuerbare Energiesysteme, andere beziehen fossile Energieträger.

Einsparungen durch Homeoffice

Ein genauer Blick lohnt sich: Denn obwohl es  den Anschein macht, dass der Energieverbrauch durch das Homeoffice höher ist, als in Büros, trügt der Schein. Auf den ersten Blick  werden 20 einzelne Arbeitsplätze und Arbeitsräume mit Energie versorgt, anstatt ein Büroraum mit 20 Schreibtischen. Und dies meist zusätzlich zu den Bürogebäuden, die dennoch genutzt werden. Dennoch ist zu beachten: Durch das Pendeln der Mitarbeitenden fallen auch CO2-Emissionen an. Je nach Unternehmensstandort und den damit verbundenen Verkehrsanbindungen, können hier potentiell mehr Emissionen eingespart werden, als durch die Arbeit im Homeoffice entstehen.

Tipp: Erfassen Sie sowohl die Emissionen für das Pendeln der Mitarbeitenden und des Homeoffice. Beide fallen unter die Emissionskategorie 3.7  Pendeln der Mitarbeitenden (nach GHG Protocol).

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Wir freuen uns, wenn Sie sich und Ihr Unternehmen den Lesenden kurz vorstellen.

FREEYOU: Freeyou ist eine auf Privatkunden spezialisierte Kompositversicherung. Wir bieten eine Reihe von Produkten an, insbesondere im Bereich Mobilität. Diese reichen von KfZ-Versicherungen bis zu Reparaturkosten- und Reifenversicherungen. Unsere Dienstleistung ist nicht ortsgebunden, was mobiles Arbeiten ermöglicht. Unsere Mitarbeitenden sind deutschlandweit verteilt, mit Schwerpunkten in Köln und im Münsterland, wo unsere Hauptstandorte sind. Als Sustainability Managerin  der Freeyou Insurance AG bin ich dafür verantwortlich aufzuzeigen, wie wir unsere Geschäftspraktiken nachhaltiger gestalten können.

Inwiefern ist betrieblicher Klimaschutz für die Freeyou Insurance AG relevant?

FREEYOU: Im vergangenen Jahr haben wir im Rahmen unserer Teilnahme an der KliMaWirtschaft unsere Bemühungen im Klimamanagement intensiviert. Der Klimawandel hat direkte Auswirkungen auf das Versicherungsgeschäft. Denn Schäden, die zum Beispiel aus der Zunahme von Extremwetterereignissen resultierenden, fallen teilweise in den Deckungsbereich unserer Versicherungsangebote. Deshalb ist Klimaschutz für uns von großer Bedeutung. Ein wichtiger Schritt, um unsere Auswirkungen auf das Klima besser zu verstehen, war die Messung unseres CO₂-Fußabdrucks im Rahmen der Workshops der KliMaWirtschaft.

Welche Herausforderungen gab es für Sie bei der Erstellung Ihrer CO2-Bilanz?

FREEYOU: Bei der Erstellung der CO2-Bilanz standen wir vor der Herausforderung, dass ein Großteil unserer Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten, was wir in unsere CO₂-Bilanz einbeziehen wollten. Es war zuerst schwierig, geeignete Emissionsfaktoren zu finden, mit denen wir die Homeoffice-Tätigkeiten in unserer CO2-Bilanz berücksichtigen konnten. In dem Whitepaper von EcoAct (2020) ‚Homeworking Emissions‘ habe ich dann eine geeignete Berechnungsmethode gefunden. Die zur Berechnung benötigten Daten haben wir anschließend über eine Mitarbeiterumfrage erhoben.

Wie genau sind Sie bei der Erfassung Ihrer Homeoffice Emissionen vorgegangen?

FREEYOU: Wir haben eine Umfrage unter unseren Mitarbeitenden durchgeführt, um die zur Berechnung benötigten Informationen über das Homeoffice zu erhalten.  Gefragt wurde unter anderem nach der Häufigkeit der Homeoffice-Nutzung, der Größe der genutzten Arbeitsfläche zu Hause und dem für die Heizung verwendeten Energieträger.

Anschließend haben wir eine Prognose des Energiebedarfs für Strom und Heizung auf Grundlage von Publikationen wie „Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität“ vom IZT, dem Heizspiegel von co2online und dem Whitepaper ‚Homeworking Emissions‘ (2020) vorgenommen. Die so ermittelten Verbräuche konnten wir in unser Bilanzierungstool ecocockpit mit den entsprechenden Emissionsfaktoren hinterlegen und die CO₂-Emissionen berechnen.

Um die Auswirkungen des Homeoffice auf unsere CO₂-Emissionen zu verstehen, erstellten wir zwei Szenarien. Im Ist-Szenario haben wir die tatsächlichen Bedingungen berücksichtigt, unter denen unsere Mitarbeitenden von zu Hause aus arbeiten. Im Alternativszenario haben wir berechnet, wie sich die Emissionen ändern würden, wenn Mitarbeitende, die mindestens einmal pro Woche ins Büro kommen, stattdessen täglich pendeln würden.

Inwiefern hat sich dies auf Ihre CO2-Bilanz ausgewirkt?

FREEYOU: Unsere Analysen zeigten, dass die Arbeit im Homeoffice die Emissionen des Pendelns um die Hälfte reduzieren. Dieser Vorteil wird jedoch durch die Emissionen aus Strom- und Wärmeverbrauch im Homeoffice teilweise ausgeglichen. Eine Wechselwirkung, die auch durch Studien, wie ‘Mobile Arbeit in der Zukunft‘ (2023) des Umweltbundesamtes, bestätigt wird.

Nun, da Sie diese Emissionen bemessen können, haben Sie Maßnahmen für diese Emissionskategorie geplant?

FREEYOU: Um das volle Potenzial von Homeoffice für das Klimamanagement zu heben, planen wir mittelfristig unsere Büroflächen zu reduzieren und nur noch ein kleines Büro im Raum Münster anzubieten. Ergänzend wollen wir je nach Bedarf Coworkingspaces an anderen Orten nutzen.

Falls sich die Emissionen vom Arbeiten im Homeoffice und dem Pendeln der Mitarbeitenden sich individuell betrachtet beinahe ausgleichen, ist es wichtig noch andere mögliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen. So kann es zum Beispiel durch die Reduzierung der Bürofläche zu Einsparungen der CO2-Emissionen kommen und . die Maßnahme des regelmäßigen Arbeiten im Homeoffice eine Gesamtreduzierung erzielen.

Haben Sie Tipps für Unternehmen, die auch Ihre Homeoffice Emissionen erfassen möchten?

FREEYOU: Unsere Analysen haben gezeigt, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung des Themas Homeoffice in Bezug auf Klimamanagement ist. Wird lediglich die Entwicklung des Pendelverhaltens betrachtet, zeigt sich ein stark positiv verzerrtes Bild. Erst wenn man die damit verbundenen Verschiebungseffekte wie die Verlagerung des Energieverbrauchs vom Unternehmensstandort ins Homeoffice einbezieht, ist man in der Lage, die wirksamen Stellschrauben zu erkennen. Es ist aber möglich, Homeoffice mit vertretbarem Aufwand zu bilanzieren, wenn man die in der Publikation vorgeschlagene Berechnungsmethode nutzt. Deshalb möchte ich alle, die darüber nachdenken ihr Homeoffice zu bilanzieren dazu ermutigen: Es lohnt sich.

Interviewpartnerin

Dana Lemmer – Freeyou Insurance AG

Dana Lemmer ist Sustainability Managerin bei der Freeyou Insurance AG. Die auf Privatkund:innen spezialisierte Kompositversicherung hat ein umfangreiches Portfolio, das Versicherungsprodukte wie eine Reparaturkostenversicherung für Kfz und eine Gegenstandsversicherung mit über 200 versicherbaren Produkten umfasst. Zusätzlich plant Freeyou, sein Angebot in Zukunft um eine privaten Cyberversicherung und eine Mobilitätsversicherung zu erweitern.

 

Annika Schwochow

Autorin

Annika Schwochow

BVMW | Förderprojekte | Projektmanagerin KliMaWirtschaft